Artikel online |
Dieser Bericht von Torsten Dudai wurde in der Print-Ausgabe der AMIGAplus veröffentlicht. Der Workshop zeigt Ihnen, daß Musikstücke von einer normalen Audio-CD auch nur normale Daten sind, die man überspielen, konvertieren, packen und von der Festplatte abspielen kann. Die nötige Amiga-Software stammt aus dem Aminet.
Töne in Nullen und Einsen
Wie jeder weiß, wird die Musik in digitalisierter Form, das
heißt in Nullen und Einsen, auf einer CD abgespeichert. Diese Daten
werden in Tracks auf der CD abgelegt, die später im CD-Player als einzelne
Songs mit einer Nummer erscheinen. Jedes Musikstück ist also nichts weiter
als eine Datei auf einer CD mit einem speziellen Format: »CDDA« (Compact Disc Digital Audio). Wir können jedem Musikstück anhand
seiner Länge sogar eine recht genaue Größe zuordnen: ca. 10,56
MByte pro Minute oder 176 KByte pro Sekunde. Die Datenmenge ist so riesig, weil
die Musik ungepackt auf der CD liegt, damit der Rechenaufwand so gering wie
möglich ist. Das war vor 10 Jahren (die CD ist eigentlich noch älter)
vielleicht sinnvoll, aber heute ist das schlicht Platzverschwendung. Heutzutage
können wir Musik mit mathematischen Verfahren auf ein Zehntel der
ursprünglichen Größe reduzieren, ohne merkbaren
Qualitätsverlust. Die Betonung liegt hier auf »merkbar« und
das Zauberwort heißt »MP3«.
Das
vom Fraunhofer Institut entwickelte Format basiert auf neuartigen
psycho-akustischen Erkenntnissen, die im Kern nichts weiter sagen, als
daß wir einen Großteil der Töne eines Liedes gar nicht
wahrnehmen. Das MP3-Format »schmeißt« die
überflüssigen Daten einfach heraus und packt den Rest sehr
effizient.
Bis ein Musikstück jedoch von der CD
»geholt« und im Computer bearbeitet werden kann, müssen noch
ein paar Hürden überwunden werden.
Das Filesystem
Wer sich die Größenangaben von oben einmal näher
angeschaut und ein bißchen herumgerechnet hat und sie mit den Angaben
für CD-Rohlinge vergleicht, wird eine Abweichung von »nur« etwa 130 MByte feststellen. Auf dem CD-Cover eines Rohlings steht meistens
»650 MB / 74 MIN«. Bei 10,56 MByte pro Minute würden 74
Minuten allerdings 781 MByte Platz benötigen. Woher nimmt die CD also
plötzlich die weiteren 130 MByte?
Die Antwort
ist einfach und führt wieder einmal vor Augen wie sorglos in der
Computer-Industrie Ressourcen aus dem Fenster geschmissen werden: das
Filesystem ist schuld. Audio-CD speichern die Daten in Tracks ab, die einen
lückenlosen Datenblock in der CD-Struktur darstellen. Computer-Daten haben
aber haufenweise Lücken und sind schlecht organisiert, genauso wie es auf
Festplatten meistens der Fall ist.
Am Filesystem,
mit dem die CDs organisiert werden, hat sich schon lange nicht mehr viel
geändert, jedoch am Filesystem, mit dem die Daten später wieder
gelesen werden. Am Amiga tummeln sich verschiedene Kandidaten, die alle ihre
Vor- und Nachteile, im Großen und Ganzen aber fast die gleichen
Fähigkeiten haben.
Die am weit verbreitetsten
Kandidaten sind »AmiCFDS V2.40«, »IdeFix97« und
»AsimCFDS V3.10«. Alle drei können Amiga, DOS, Mac (HFS) und
Audio-CDs erkennen und lesen. Besonders interessant für uns ist eigentlich
nur AsimCDFS, weil es Audio-CDs nicht nur erkennt, sondern den Inhalt, also die
einzelnen Tracks, als Dateien auf der Workbench-Oberfläche darstellt. Das
Beste daran: die Musikstücke werden in Echtzeit ins
»AIFF«-Format konvertiert und sind damit der meisten
Amiga-Audio-Software direkt zugänglich. So können Sie zum Beispiel
ein Stück mit der Maus greifen, es ins Fenster von »Amplifier
V1.55« fallen und sofort über die Amiga-Soundchips abspielen lassen
(was, zugegeben, haarsträubend klingt. Eine Soundkarte ist hier dringend
zu empfehlen!).
Da die meisten MP3 und MP2-Encoder
auch AIFF direkt unterstützen, können Sie Musik also direkt von der
CD in den Computer ins neue Format überspielen. Allerdings ist AsimCDFS
keine Free- oder Shareware, sondern kostet Geld und deshalb stellen wir Ihnen
auch noch die anderen Lösungen vor. AmiCDFS und IdeFix erkennen auch
Audio-CDs, sind aber lediglich fähig über einen Player das
CD-Rom-Laufwerk zu steuern, um die Musik über dessen Ausgänge
abzuspielen. Sie müssen hier also entweder einen Lautsprecher oder
Kopfhörer anschließen oder ein CD-Rom-Audiokabel an die Soundkarte
anschließen. Diese Kabel sind ziemlich dünn, haben einen flachen
schwarzen Kopf, 4 Anschluß-PINs und sind in jedem gutsortierten
Fachhandel zu haben.
Als wir in einem schlecht
sortierten Fachhandel nach dem Kabel fragten, brav Auskunft über
CD-Rom-Hersteller, Geschwindigkeit, Soundkarten-Name gaben und dabei
versehentlich das Wort »Amiga« erwähnten, verweigerte der
Verkäufer jede weitere Aussage und schaltete auf stur (obwohl die Kabel
alle gleich sind und nur ein paar Pfennig kosten...).
Auf die Platte damit!
Egal wie Sie ihr CD-Rom-Laufwerk mit einem Lautsprecher verbinden, in
jedem Fall ist das Laufwerk mit der Audio-CD belegt. Wollen Sie nebenbei Daten
von einer CD kopieren, müssen Sie die Musik stoppen und die CDs wechseln.
Eine sehr lästige Angelegenheit. Damit das CD-Rom-Laufwerk immer zur
Verfügung steht, muß die Musik irgendwo anders gelagert werden. Und
was wäre da besser geeignet als die Festplatte?
Für den Fall, daß Sie kein AsimCDFS
besitzen, müssen Sie ersteinmal die »rohen« CDDA-Daten
auslesen und überspielen. Hierzu gibt es verschiedene Programme im Aminet,
von denen manche sogar die Daten ins AIFF-Format konvertieren (beide Formate
unterscheiden sich eigentlich nur durch den Datei-Kopf, der bei AIFF nur
hinzugefügt werden muß). Allen Programmen gemeinsam ist eine
umständliche und veraltete Bedienung, manchmal sogar über die Shell.
Recht bequem läßt sich noch mit
»CDDAWBI« (WBI steht für Workbench-Interface) arbeiten. Das
Programm speichert die ausgelesenen Daten im AIFF oder im Amiga-eigenen
»8SVX«-Format. 8SVX-Sounds sind ca. nur halb so groß wie ihre
AIFF-Kollegen und eignen sich besser für das Abspielen über die
Amiga-Soundchips, werden aber von keinem Encoder unterstützt. Vor der
Encodierung ins MP3-Format müssen 8SVX-Dateien also wieder ins AIFF oder
WAVE-Format konvertiert werden. Wenn Sie die Musik also nicht dauerhaft im
8SVX-Format speichern wollen, wäre das nur Zeitverschwendung. Verwenden
Sie also immer AIFF.
Eine besondere Fähigkeit
von CDDAWBI ist das Festlegen eines Zeitabschnitts, der gespeichert werden
soll. Sie können auf Wunsch nur einen bestimmten Teil des Liedes
abspeichern. Das Auslesen der Daten erfolgt dann entweder in Echtzeit (1-fach,
ca. 150 KByte pro Sekunde) oder so schnell wie möglich. Beim Auslesen in
Echtzeit können Sie mithören.
Encodieren
Beim Encodieren stellt sich die Frage nach dem Format: MP2 oder MP3? Beide
Formate benötigen sehr viel Rechenkraft, MP3 am meisten. Ein PPC-Board ist
also schon mal ein Muß, wenn man das Ergebnis noch in diesem Leben
anhören möchte. Im Aminet und im Internet allgemein gibt es 2
Hauptvertreter für jedes Format. »Pegase_PPC« ist ein
MP2-Encoder, der mit WarpUp läuft und stabil ist. Das Encodieren geht
höllisch schnell von statten, die Zeitrate liegt bei 1 zu 0.9 (schneller
als Echtzeit!) und die Qualität ist spitze (kaum vom Original zu
unterscheiden). Lediglich der Platzbedarf der fertigen Sounds ist
größer als bei MP3. Eine 54 MByte große AIFF-Datei ist im
MP2-Format 6,1 MByte groß. Das ist immerhin noch ein Verhältnis von
1 zu 1 Neuntel. Ein ungefährer Wert zum Rechnen wäre 20 KByte pro
Sekunde.
Bei MP3 sieht der Platzbedarf schon enorm
besser aus: die 54 MByte große Datei verbraucht nur noch 4.9 MByte (16-17
KByte pro Sekunde) . Encodiert wurde die AIFF-Datei mit »Lame« in
der PPC-Version. Das Encoder läuft nur unter PowerUp und wird aus der
Shell bedient. Um Abstürze zu vermeiden muß der Stack auf 100000 (im
Test war ein Stack von 200000 nötig) erhöht werden. Selbst dann ist
das Programm noch ziemlich instabil. Beim ersten Versuch klappte es, aber beim
zweiten Mal stürzte das Programm kurz vor Fertigstellung der Datei ab.
Wenn es um die Geschwindigkeit geht, bezahlen wir den Preis für den
niedrigen Platzbedarf: Lame benötigt als Zeit die doppelte Länge des
Musikstückes. Die Qualität ist in Ordnung, nur geübte Ohren
werden einen Unterschied zum Original heraushören.
Lame ist immernoch im Betastadium, wird aber vom
Autor kontinuierlich weiterentwickelt. In Zukunft ist wohl mit schnelleren und
besseren Programmversionen zu rechnen.
Eine
kommerzielle Alternative zu Lame ist »NCoder« von Titan Computer,
der schnell und stabil sein soll, aber Geld kostet.
Unsere Empfehlung ist Pegase_PPC. Für die hohe
Tonqualität und die schnelle Berechnung nimmt man gern den etwas
höheren Platzbedarf in Kauf.
Um die Bedienung
zu vereinfachen können Sie sich einen GUI-Aufsatz aus dem Aminet besorgen.
»TheMpegEncGUI« ist eine sehr gute Oberfläche für die
meisten erhältlichen Amiga-Encoder. Etwas spezieller auf Pegase
zugeschnitten, dafür aber bequemer ist »MiraMP3GUI« mit dem
en- und decodieren können.
Ein CD-Archiv auf der Festplatte
Ein Rechenexempel: Sie haben 10 Lieblings-CDs, die Sie im MP2-Format
archivieren wollen.
Die meisten CDs enthalten etwa
1 Stunde Musik, oft sogar weniger (nur Sampler sind randvoll).
Das macht nach unsrer Rechnung etwa 633 MByte reine
CDDA-Daten pro CD oder 6,3 GByte für alle 10 CDs.
Pegase_PPC benötigt zum Encodieren aller 10
CDs nur 9 Stunden und nachher ist die Datenmenge von 6,3 GByte auf etwa 700
MByte geschrumpft. Bedenkt man, daß bei 10 CDs mindestens 5 oder 6
Stücke dabei sind, die Ihnen nicht gefallen und daß nicht alle CDs
eine volle Stunde Musik enthalten, dann fallen am Schluß vielleicht nur
650 MByte an. Und die passen genau auf einen CD-Rohling! Ein Notebook-Besitzer,
der auf Reisen viel Musik hört, wird es zu schätzen wissen, daß er seine CD-Sammlung auf einer CD mitnehmen kann.
Allerdings können Sie diesen Rohling nicht im
Audio-Format brennen, denn dann müßten die MP2s wieder
zurück-konvertiert werden und würden nicht mehr alle auf eine CD
passen. Die Hightech-Industrie arbeitet momentan Standards aus, mit denen neue
Abspielgeräte fähig sein werden, Computer-CDs mit MP3-Dateien zu
erkennen und die Dateien abzuspielen.
Das obige
Rechenexempel ist natürlich nur ein Beispiel mit groben Werten. Wer
weniger Platz hat wird sich vorerst mit dem Inhalt einer CD begnügen
müssen.
Wo finde ich die Software?
© 1998-2002 falkemedia.